Der Hunger nach Energie

Gerald Krampe

Mit dem Siegeszug der Dampfmaschine in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts wurde zum ersten Mal in der Geschichte im großen Maßstab die menschliche Arbeitskraft durch mechanische Arbeit ersetzt. Diese Revolution löste den zunehmenden Bedarf an Energie, wie wir ihn heute erleben, erst aus. Unsere moderne Gesellschaft baut auf dem Vorhandensein von Energie auf. Aber wie lange können wir uns diesen Lebensstil noch leisten?

Ein fundamentaler Grundsatz der Theosophie ist, dass unser Universum ein lebender Organismus ist und dass sich seine Energien und Kräfte wechselseitig bedingen. Es enthält unzählige Welten, von denen jede vollkommen von Leben erfüllt ist. Als Kind dieses Universums ist auch unsere Erde ein lebendes Wesen mit vielfältigen Lebensäußerungen, wie unter anderem die Plattentektonik, Vulkane, Winde, Geysire oder elektrische Entladungen durch Blitze zeigen. Die gesamte Natur ist durch und durch von mit Leben erfüllten Energien durchzogen.

Während in ähnlicher Weise für Platon der Kosmos ein Lebewesen war und Humboldt die Natur als ein durch innere Kräfte bewegtes und belebtes Ganzes sah, werden Energien aus heutiger wissenschaftlicher Sicht rein materiell dargestellt. Es wird ihnen weder innewohnende Intelligenz noch ein eigenes Leben zugeschrieben. Wie aber kann die Harmonie, Symmetrie und mathematische Perfektion im Universum durch lediglich materielles Wirken erklärt werden?

Viel überzeugender ist es, von einem von Bewusstsein und Leben durchdrungenen Universum auszugehen, das unsere Erde und alles auf und in ihr Existierende einschließt. Die Theosophie unterscheidet sich damit grundlegend von der gegenwärtigen materialistischen Weltsicht, die uns mehr und mehr in eine Sackgasse führt.

Was ist Energie?

„Energie“, im herkömmlichen Sinne verstanden, ist in den letzten 100 Jahren zu einem Schlüsselthema geworden. Die moderne Gesellschaft baut darauf auf, dass für Mobilität, Kommunikation, Wärmeversorgung, Produktion von Gütern aller Art u. v. a. m. „Energie“ zu jeder Zeit und in ausreichendem Maße zur Verfügung steht. Zur Energiegewinnung werden dabei fast ausschließlich Rohstoffe wie Öl, Gas und Kohle, im geringeren Umfang Kernmaterial sowie nun zunehmend erneuerbare Energien wie Wind, Sonne und Wasser verwendet. Die Abhängigkeit von diesen Rohstoffen bestimmt inzwischen mehr als alles andere das Schicksal ganzer Nationen. Hinzu kommen in verstärktem Maße immer neue Abhängigkeiten, deren Konsequenzen uns nicht bewusst waren oder die einfach ignoriert wurden. So hinterlässt der hemmungslose Abbau von Rohstoffen eine Spur der Verwüstung auf unserem Planeten und ihr exzessiver Verbrauch verändert die bislang ausbalancierten Naturprozesse in einem ungeahnten Ausmaß.

Auf mechanischem Gebiet wird der Begriff „Energie“ schon im Jahre 1807 von dem englischen Arzt und Physiker Thomas Young angewandt. Nach 1850 wird er von weiteren englischen Physikern auf die gesamte Physik übertragen. Der Terminus „Energie“ verdankt seine Entstehung Aristoteles. Bei ihm heißt ενέργεια (enérgeia) die lebendige Wirklichkeit und Wirksamkeit, das Auswirken, Verwirklichen, Wirklichsein. Diese ursprüngliche Bedeutung liegt wesentlich näher an dem Verständnis der Theosophie als die moderne materialistische Interpretation. Diese wurde erst populär, als eine Abgrenzung vom Begriff „Kraft“ gesucht wurde, da bei dem Versuch, Energie über den Kraftbegriff zu definieren, noch Begriffe wie „lebendige Kraft“ benötigt wurden. Von dieser am Lebendigen verhafteten Natursicht wollte sich aber der aufkommende Materialismus rigoros lösen, und man begann anzunehmen, es gäbe nichts als tote, empfindungslose „Materie“, deren wunderbare Abkömmlinge „Energie“ und „Kraft“ seien.

Energien und Kräfte sind der Ausdruck von bewusstem Leben

Was nun ist Energie? Physikalisch betrachtet ist Energie die Fähigkeit, Arbeit zu verrichten. Werden damit aber wirklich alle Aspekte erfasst? In der Theosophie haben die Begriffe Energie und Kraft eine weitaus tiefer gehende Bedeutung, denn sie stehen für Leben und Bewusstsein. Bewusstsein oder Geist ist sowohl die Wurzel als auch der Brennpunkt von Kraft oder Energie – ihre wahre Seele. Weil dies so ist, ist Bewusstsein substanziell, wenn auch nicht „Materie“ in dem Sinn, wie „Materie“ allgemein verstanden wird. Energien und Kräfte werden immer noch als Ursache verstanden. Tatsächlich sind sie aber Wirkung, der Ausdruck von bewusstem Leben. Die wahren Ursachen für die von uns wahrgenommenen Kräfte liegen daher in den unsichtbaren, feinstofflichen Welten.

Weltweit wird in der Regel immer noch die Ansicht vertreten, dass unsere Erde ein lebloser Gesteinsbrocken in einem ebenso leblosen Universum ist. Diese Ansicht hat dazu geführt, dass für die kostbaren Rohstoffe zur Energieerzeugung in einer noch nie da gewesenen Art und Weise Raubbau an der Erde betrieben wird. Dabei wird außer Acht gelassen, dass die Erde, ebenso wie der Mensch, ein aus unterschiedlichen Grundelementen siebenfältig zusammengesetztes Lebewesen ist.

Wahrnehmen kann der Mensch davon nur den felsigen Globus, der gerade einmal 1/7 der gesamten siebenfältigen Konstitution ausmacht. Von den nicht sichtbaren 6/7 seiner Konstitution, den feinstofflicheren Sphären und Lebensbedingungen, sowie über den ständigen Austausch von „Energien“ ist kaum etwas bekannt. So empfängt die Erde als Teil des noch größeren Organismus, des Sonnensystems, ihre Leben spendenden Energien von der Sonne. Ebenso findet ein unaufhörlicher Austausch zwischen dem Menschen und der Erde statt.

Klimaänderungen und Erdbeben – Die Erde wehrt sich

Haben wir uns schon einmal gefragt, wo unsere Gedanken und Gefühle bleiben? Diese psychomentalen Energien gehen nicht verloren. Sie werden im Astrallicht, das der Träger kosmischer und irdischer Lebensenergien ist, aufgespeichert. Von dort wirken die Gedanken und Emotionen als Energien wieder auf den Menschen und auf die Erde zurück. Das Astrallicht ist eine gigantische Vorratskammer von Energien und wirkt in gewissem Sinne wie ein Akkumulator, der die aufgespeicherten Energien im ständigen Austausch wieder zurückwirft. Hierin liegt eine Erklärung für Seuchen, Epidemien, aber auch für globale Katastrophen wie das Waldsterben, Erdbeben, Stürme oder auch den Klimawandel mit seinen verheerenden Auswirkungen. Rätselhaft bleiben viele dieser Katastrophen deshalb, weil die zeitlichen Zusammenhänge zwischen Verursachung und Rückwirkung nicht direkt erkennbar sind.

Unsere Erde ist ein lebendes Wesen mit Organen und eigenen Kreisläufen. Durch die fehlende Kenntnis der inneren Zusammenhänge hat der Mensch allerdings seit Beginn der Industrialisierung rigoros in die natürlichen Kreisläufe eingegriffen und die Harmonien der Erde empfindlich gestört. Als Beispiel sei hier nur auf die Zunahme des Treibhausgases Kohlenstoffdioxid (CO2) in der Luft durch die Verbrennung fossiler Rohstoffe verwiesen. Dabei ist die Rolle von CO2 als Treibhausgas nur ein Aspekt. Im natürlichen Kohlenstoffkreislauf ist Kohlendioxid das Ausscheidungsprodukt unserer Atmung, die Schlacke, die durch den Vorgang von Mischen, Niederschlagen und Trennen vom Körper abgestoßen wird. Während die Pflanzen durch die Fotosynthese den für den Menschen lebensnotwendigen Sauerstoff zur Verfügung stellen, nehmen sie das vom Menschen ausgeschiedene Kohlendioxid zum Aufbau ihres Lebens auf.

Es besteht aber nicht nur eine Wechselbeziehung über den Austausch von Sauerstoff und Kohlendioxid zwischen Menschen und Pflanzen, sondern gleichzeitig besteht auch ein Austausch über die vom Menschen ausgehenden Gedankenkräfte. Denn da das vom Menschen kommende Kohlendioxid von seinen Gedanken und Gefühlen geprägt ist, übernimmt das Pflanzenreich in gewissem Sinne unbewusst menschliche Impulse für seine eigene Evolution.

Die Zusammensetzung unserer Luft ist sowohl geografisch als auch zeitlich gesehen außergewöhnlich konstant geblieben. Sie setzt sich im Wesentlichen aus 78 % Stickstoff und 21 % Sauerstoff zusammen. Weitere 0,9 % entfallen auf das Edelgas Argon. Der Anteil des Kohlenstoffdioxids liegt bei lediglich 0,038 %. Auch wenn dieser Wert sehr gering erscheint, so hat der CO2-Gehalt in der Luft drastisch zugenommen. In den letzten 10.000 Jahren bis zum Beginn der Industrialisierung im 19. Jahrhundert lag dieser Wert noch bei 0,028 %. In nur 150 Jahren ist damit der CO2-Anteil in der Luft um ca. 35 % gestiegen! Dieser Anstieg resultiert fast ausschließlich aus der Verbrennung fossiler Brennstoffe. Diese fossilen Brennstoffe sind Absonderungen des Pflanzenreichs aus lang vergangenen Evolutionsperioden. Neben dem rein materiellen Aspekt der Vergiftung unserer Atmosphäre kann auch gesagt werden, dass die nun wieder freigesetzten Lebensatome aus einer weit zurückliegenden Entwicklungsperiode die heutige menschliche Entwicklung eher hemmen als fördern. Es ist somit evolutionshemmend, die in unserer Erde eingelagerten Überreste früherer Evolutionsperioden in Energie zu verwandeln, so wie wir dies jetzt mit Öl, Gas und Kohle machen.

Gibt es Alternativen zur heutigen Energiegewinnung?

Der natürliche Lauf in der Natur ist, dass die Energie, die wir benötigen, aus feinstofflicheren Bereichen der Erde kommt. Dieser höhere Bereich, von dem wir unsere Energie beziehen sollten, liegt im Astrallicht. Physiker kennen einen niederen Teil hiervon bisher nur als Wärme, Licht, Elektrizität, Magnetismus und Gravitation. Das Astrallicht umhüllt in verschiedenen Abstufungen, Feinheiten oder Frequenzen unsere Erde. Aus den relativ niederen Frequenzen wird der normale elektrische Strom erzeugt. Die etwas feineren Sphären wurden schon vor ca. 100 Jahren von Nikola Tesla angezapft, doch leider fand dieser geniale Erfinder wenig Unterstützung. Es ist nur zu hoffen, dass die Versuche, diese unerschöpfliche Energiequelle zu nutzen, endlich zum Durchbruch kommen. Der schädlichen Verbrennung von Öl, Gas und Kohle, ebenso wie den Atomkraftwerken, könnte so Einhalt geboten werden.

Was können wir tun?

Klimaänderung, Naturkatastrophen, Knappheit an Rohstoffen – die vom Menschen selbst über Jahrzehnte verursachten Probleme scheinen uns jetzt einzuholen und zu erdrücken. Hinzu kommt eine negativ überladene, von Egoismen geprägte und zerstörerische Gedankenatmosphäre, die sich auf die Natur niederschlägt. Viele Menschen sehen sich gefangen in diesem gigantischen Mahlwerk, mitgerissen von den unheilvollen Fluten und ohne Aussicht, etwas zu verändern. Gibt es keinen Ausweg? Bleibt nur Hoffnungslosigkeit und Resignation?

Hier sagt die Theosophie entschieden „Nein“, denn wir leben in einem von Bewusstsein und Leben durchdrungenen Universum. Unsere Körper bestehen aus unzähligen winzigen Leben, und jeder Mensch ist wiederum ein unverzichtbarer Teil eines noch größeren Organismus. Wir sind eingebunden in die vielfältigen Kreisläufe der Natur – Räder innerhalb von Rädern, Zyklen innerhalb von Zyklen. Den Zyklen kann niemand entfliehen und niemand kann ihren regulären Lauf aufhalten. Wir können aber sehr wohl Einfluss darauf nehmen, wie sich die Zyklen auf uns persönlich auswirken.

Karman, das Gesetz von Ursache und Wirkung, bewirkt das Gleichgewicht in der Natur, es wirkt auf allen Daseinsbereichen. Der einzelne Mensch kann das Karma der großen Zyklen, wie z. B. nationales Karma, nicht ändern. Er kann aber sehr wohl sein eigenes Karma und damit sein Schicksal beeinflussen. Doch wir verbessern unsere Situation nicht durch eine egoistische, auf den eigenen Vorteil bedachte Ellbogenmentalität. Niemand kann hoffen, einer schwierigen nationalen oder globalen Situation auf Dauer dadurch zu entgehen, dass er ichbezogen oder gar rücksichtslos versucht, für sich persönlich eine besonders vorteilhafte Situation zu schaffen. Nur durch selbstloses Denken und Handeln für Mensch und Natur werden die positiven, aufbauenden Energien freigesetzt, die aus dem Sog der Hoffnungslosigkeit herausführen. Jeder Einzelne kann seine persönliche Situation zum Besseren verändern.

Jede noch so kleine Anstrengung, der Natur zu helfen, trägt ihre Früchte. Das Niedere zum Höheren zu erheben ist Aufgabe des Menschen. Helfen wir den unter uns stehenden Naturreichen bei ihrer Evolution, so helfen wir der gesamten Erde. Nur durch gegenseitige Hilfe schreitet der Mensch in seiner Evolution fort. Es ist nicht schwer, diesen Weg zu gehen – alles, was wir dazu benötigen, liegt in uns! 

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